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Naturschutzgebiet „Wacholderheide Wurmberg und Brücklein“
Eine Schatzkiste für die Artenvielfalt: 76 Ackerwildkrautarten und eine höchst seltene Insektenart
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Das Naturschutzgebiet „Wacholderheide Wurmberg und Brücklein“ in Hardheim entpuppt sich einmal mehr als wahre Schatzkiste für die Artenvielfalt: 76 Ackerwildkrautarten zählte die Naturschutzverwaltung Ende Juni auf einem einzigen Ackerschlag der genau genommen nur an das Naturschutzgebiet angrenzt, aber von einem örtlichen Landwirt im Landschaftspflegevertrag mit der Unteren Naturschutzbehörde bewirtschaftet wird. Eine kleine Sensation war auch die Beobachtung des Langfühlerigen Schmetterlingshaft, der deutschlandweit vom Aussterben bedroht ist.
Sommer-Adonisröschen, Möhren-Haftdolde, Acker-Rittersporn, Venuskamm, Echter Venus-Frauenspiegel... – sie alle blühen oder fruchten derzeit auf dem Acker zwischen Hardheim und Bretzingen. Die Liste der gefährdeten oder gar vom Aussterben bedrohten Ackerwildkräuter lässt sich lange fortsetzen. „Eine derartige Vielfalt finden wir auf kaum einem anderen Acker im gesamten Regierungsbezirk Karlsruhe“, begeistert sich Tobias Lepp vom Naturschutzreferat des Regierungspräsidiums. Der Bewirtschafter Tobias Eisenhauer aus Schweinberg freut sich über das Kompliment. Die Ertragseinbußen, die ihm durch den Verzicht auf Dünge- und Pflanzenschutzmittel und die reduzierte Saatgutstärke entstehen, nimmt er gelassen hin. Er bewirtschaftet die Fläche inzwischen seit zehn Jahren nach Naturschutzauflagen. Dafür erhält er Fördermittel aus der Landschaftspflegerichtlinie. Mit seiner Arbeit leistet der Landwirt einen herausragenden Beitrag zur langfristigen Erhaltung der dort vorzufindenden Pflanzengesellschaft. „Caucalido platycarpi-Conringietum orientalis“ wird diese in Fachkreisen bezeichnet und ist nach der Haftdolde und dem Adonisröschen benannt.
Der Extensivacker ist damit eine perfekte Ergänzung zu den beweideten Wacholderheiden und Magerrasen im Naturschutzgebiet. Denn wildkrautreiche Äcker sind nicht nur für die Pflanzenvielfalt von Bedeutung. Sie bieten auch Lebensraum für viele Tierarten, von Insekten über Feldvögel bis hin zu Kleinsäugern. Gleichzeitig sind sie in besonderem Maße von der menschlichen Nutzung abhängig und zählen bundesweit zu den seltensten Biotoptypen. Deshalb sind sie zu Recht in den letzten Jahren in den Fokus der Naturschutzverwaltung gerückt.
Besonders erfreulich ist, dass sich auch der sehr seltene Langfühlerige Schmetterlingshaft im Acker von Tobias Eisenhauer wohlzufühlen scheint. Die Art kommt nur im südlichen Deutschland und dort sehr lokal vor, Funde sind aus anderen wärmebegünstigten Regionen, etwa vom Kaiserstuhl oder aus der Region Würzburg, bekannt. 2017 wurde er auch schon einmal in einer Naturschutzfläche in Hardheim-Schweinberg gesichtet. Möglicherweise sind also noch weitere Exemplare der zarten Schönheit in der Region unterwegs.
Hintergrundinformationen zum Langfühlerigen Schmetterlingshaft (Libelloides longicornis)
Der Langfühlerige Schmetterlingshaft bewohnt warme, grasige Hanglagen oder bewachsene Geröllfelder. Er wird drei Zentimeter groß und hat eine Flügelspannweite von bis zu fünf Zentimetern. Seine Flügel sind durchsichtig mit einer gelblichen Zeichnung. Schmetterlingshafte gehören zur Ordnung der Netzflügler. Sie erinnern an Schmetterlinge („schmetterlingshaft“), bewegen sich aber eher ähnlich wie Libellen und sie ernähren sich auch wie Libellen nämlich nicht pflanzlich, sondern räuberisch von anderen Insekten. In Deutschland kommen der Langfühlerige Schmetterlingshaft und der Libellen-Schmetterlingshaft vor, beide Arten sind aber sehr selten.
Hintergrundinformationen zum Naturschutzgebiet Wacholderheide Wurmberg und Brücklein
Das Naturschutzgebiet „Wacholderheide Wurmberg und Brücklein“ wurde 1986 ausgewiesen. Schutzzweck ist die Erhaltung der Wacholderheiden und Halbtrockenrasen, der ehemaligen Weinberglagen sowie der wärmeliebenden Waldgesellschaften als Bindeglied zwischen Bauland und Tauberland. Das Gebiet ist Teil des Fauna-Flora-Habiat-Gebiets „Odenwald und Bauland Hardheim“ und steht damit auch unter europäischem Schutz. Seit rund 20 Jahren werden im Naturschutzgebiet umfangreiche Landschaftspflegemaßnahmen durchgeführt, um die Artenvielfalt der Offenland-Lebensräume zu erhalten. 2020 und 2021 wurde die Schmetterlings- und Wildbienenfauna des Naturschutzgebiets kartiert. Das Ergebnis: Auf den Pflegeflächen der Naturschutzverwaltung tummelten sich 70 Tagfalterarten, 181 Nachtfalterarten und 105 Wildbienenarten. Damit hat das Naturschutzgebiet eine überregionale bis landesweite Bedeutung für diese Insektengruppen.
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